Titel

VG Sigmaringen, Urteil vom 20.10.2020, Az. 14 K 7613/18


Polizeidrohnen über Fußballstadien

 


Zitiervorschlag: VG Sigmaringen, Urteil vom 20.10.2020, Az. 14 K 7613/18, zitiert nach POR-RAV


Beschluss noch nicht rechtskräftig!
Letzte Bearbeitung: 01.03.2021, 14:14

Teaser

Polizeidrohnen greifen in Grundrechte ein; auf sie muss gut sichtbar hingewiesen werden.

Fußballfans haben ein Feststellungsinteresse an rechtswidriger Drohnenüberwachung

Leitsatz

1. Drohneneinsätze greifen in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein.

2. Auch die bloße Bildübertragung - ohne Aufzeichnung - bedarf einer Ermächtigungsgrundlage.

3. Das Fußballspiel ist eine öffentliche Veranstaltung.

4. Der Einsatz von Polizeidrohnen muss öffentlich erkennbar sein.

Volltext

TENOR

Es wird festgestellt, dass der die Klägerin betreffende Drohneneinsatz am ... in ... a) am Bahnhofsvorplatz, b) auf dem Weg vom Bahnhof zum ... Stadion, c) im Bereich des ... Stadions

rechtswidrig war.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

TATBESTAND

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit des polizeilichen Einsatzes von sogenannten Kameradrohnen anlässlich eines Fußballspiels. Am ... fand in ... ein ...spiel zwischen dem ... und ... statt. Die Polizei stufte das Fußballspiel als sogenanntes Risikospiel ein, bei welchem die Wahrscheinlichkeit besteht, dass es zu gegenseitigen Provokationen und daraus resultierenden Auseinandersetzungen zwischen gewaltbereiten Fans kommen kann. Im Vorfeld des Spiels hatte der ... seine Fans zu einem Treffen am Spieltag um 12:00 Uhr auf dem ... aufgerufen. Eine Gruppe gegnerischer Fans kam bereits gegen 11:00 Uhr am Bahnhof an. Das Stadion öffnete laut Protokoll der Sicherheitsbesprechung um 13:30 Uhr, Spielbeginn war danach um 15:30 Uhr.

Das Polizeipräsidium ... setzte am Bahnhofsvorplatz, auf der Strecke vom Bahnhof zum ... Stadion sowie während und nach dem Spiel im Bereich des ... Stadions zwei mit Kameras ausgestattete UAS (Unmanned Aircraft System), umgangssprachlich als Drohnen bezeichnet, ein. Die Kameras waren den Angaben des Beklagten zufolge mit einer Fotoauflösung von 20 MP und 4K/Full HD Videoauflösung sowie einer Festbrennweite von 24 mm bei 84° Sichtwinkel ausgestattet und verfügten nicht über eine Zoomfunktion oder Infrarot. Die Aufnahmen wurden in Echtzeit auf einen vom Drohnenpiloten einsehbaren Monitor an der Steuerungseinheit der Drohnen, teilweise zusätzlich auf einen Monitor im Einsatzfahrzeug der Polizei übertragen. Im Bereich des Stadions wurden zeitweise auch Aufzeichnungen angefertigt. Die gespeicherten Daten wurden nach Angaben des Polizeipräsidiums ... am ... nach Sichtung des Materials durch den Führungs- und Einsatzstab gelöscht.

Das ... Stadion wurde auch mittels fest installierter Videokameras überwacht. Dies ist in § 8 der Stadionordnung für das ... Stadion vom ... vorgesehen, welcher in Abs. 1 lautet: "Das ...-Stadion wird bei Veranstaltungen mit Video-Kameras überwacht."

Auf ein Auskunftsersuchen an das Polizeipräsidium ... vom ... wurde der Klägerin unter anderem mitgeteilt, dass der Einsatz der Drohnen auf § 21 Abs. 1 Nr. 2 Polizeigesetz Baden-Württemberg (PolG) gestützt gewesen sei.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom ... (eingegangen bei Gericht am ...) Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. Zur Klagebegründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass sie am ... mit der Bahn nach ... gereist sei und an dem ...spiel als Besucherin teilgenommen habe. Sie sei Betroffene des Drohneneinsatzes. Auch in Zukunft beabsichtige sie, derartige Spiele zu besuchen. Es sei damit zu rechnen, dass auch bei zukünftigen Fußballspielen Drohnen zur Videoüberwachung eingesetzt würden.

Die Überwachung des Bahnhofsgebietes falle in den ausschließlichen Kompetenzbereich der Bundespolizei, nicht in den der Landespolizei.

Die Maßnahme sei insgesamt rechtswidrig. Die Drohne sei kein Einsatzmittel im Sinne von § 21 PolG. Durch den Einsatz der Drohne werde in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen. Es seien Aufnahmen und Aufzeichnungen gemacht worden. Während der Aufzeichnung sei in die Übersichtsaufnahme hineingezoomt worden. Bei der Drohne handele es sich um eine Beobachtung mittels eines technischen Geräts, das eine weit intensivere und gleichzeitig großflächigere Beobachtung ermögliche als eine Beobachtung mit bloßem Auge. Überflüge aus geringer Höhe seien praktisch geeignet gewesen, Aufnahmen zu machen, anhand derer auch die Klägerin aufgrund ihrer Bekleidung, ihres äußeren Erscheinungsbildes und durch Einzelmerkmale als konkrete Personen hätte bestimmt werden können. Bei einer Kamera der genannten Auflösung seien Aufzeichnungen gut bearbeitbar. Auch die Videokamera stelle mit ihren Eckdaten einen guten Industriestandard dar.

Weiter trägt die Klägerin vor, die Polizei sei fälschlicherweise vom Vorliegen eines besonderen Gefährdungsrisikos ausgegangen.

In der Ausgestaltung des konkreten Drohneneinsatzes liege auch ein Verstoß gegen die Hinweispflicht. Die streitgegenständliche Maßnahme sei nicht offen erfolgt. Der Einsatz sei von der Klägerin nur zufällig bemerkt worden. Soweit der Beklagte geltend mache, dass der Drohnenpilot eine Uniform getragen und sich an einem Polizeifahrzeug befunden habe, sei angesichts dutzender einheitlich uniformierter Polizeieinsatzbeamter und dutzender Polizeifahrzeuge nicht erkennbar gewesen, dass die Klägerin Objekt eines Drohneneinsatzes geworden sei. Auch sei nicht durch Schilder, Lautsprecherdurchsagen oder sonstige Ankündigungen auf den Drohneneinsatz hingewiesen worden. Für die Situation im Stadion gelte nichts Anderes.

Beim Kauf einer Eintrittskarte werde nicht auf den Einsatz von Drohnen hingewiesen. Die Maßnahme werde auch nicht deshalb zu einer offenen Maßnahme, weil in der Stadionordnung auf die (private) Videoüberwachung hingewiesen werde. Der Einsatz der Videodrohne erfolge nicht durch den Betreiber des Stadions, sondern durch die Polizei. Die Stadionkameras seien statisch befestigt und für jedermann auch in ihrer Funktionsweise und Bedeutung erkennbar an einem festen Platz angebracht. Besuchern seien Stadionkameras und ihr Einsatzbereich bekannt und das Ausmaß der Beeinträchtigung einschätzbar. Außerdem bezweifelt die Klägerin die Vollständigkeit der vorgelegten Unterlagen. Der Beklagte habe zudem keinen Nachweis für die Behauptung erbracht, dass die Aufzeichnungen am ... tatsächlich gelöscht worden seien.

Die Klägerin beantragt,

- festzustellen, dass der die Klägerin betreffende Drohneneinsatz am ... in ... a) am Bahnhofsvorplatz, b) auf dem Weg vom Bahnhof zum ... Stadion, c) im Bereich des ... Stadions

rechtswidrig war.

Der Beklagte beantragt,

- die Klage abzuweisen.

Der Beklagte führt zur Begründung im Wesentlichen aus, dass die Klage unzulässig sei, da die Klägerin weder klagebefugt sei noch ein Feststellungsinteresse habe. Das erforderliche Rechtsverhältnis sei nur gegeben, wenn die Klägerin sich in den überwachten Bereichen aufgehalten habe. Es lägen hierzu keine Informationen vor.

Die Landespolizei sei auf dem Bahnhofsvorplatz zuständig gewesen.

Es läge auch kein Eingriff in Rechte der Klägerin vor. Es habe sich um Übersichtsübernahmen gehandelt, die zeitlich unterbrochen worden seien. Die verwendeten Drohnenkameras entsprächen nicht dem aktuellen Stand handelsüblicher Drohnenkameratechnik. Eine Identifizierbarkeit einzelner Personen sei anhand der Aufnahmen aufgrund der Flughöhe und der relativ geringen Auflösung nicht möglich gewesen.

Im Übrigen sei ein Eingriff, läge er denn vor, nach § 21 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 gerechtfertigt. Alternativ hätte nur ein Helikopter zur Verfügung gestanden. Der mit einem Helikoptereinsatz verbundene Lärm hätte jedoch eine zusätzliche Beunruhigung mit sich gebracht, ohne dass der Einzelne weniger von der Maßnahme betroffen gewesen wäre. Mit dem Fußballspiel habe auch eine öffentliche Veranstaltung vorgelegen. Aus der maßgeblichen ex-ante Perspektive habe nach polizeilicher Einschätzung eine hinreichende Gefährdungslage vorgelegen.

Der Einsatz sei auch offenkundig gewesen. Die Klägerin habe selbst angegeben, die Drohnen bemerkt zu haben. Der Drohnenpilot sei als solcher klar erkennbar gewesen und habe sich an den jeweiligen Übertragungsorten deutlich sichtbar positioniert, und jeweils in unmittelbarer Nähe des deutlich sichtbaren und gekennzeichneten Polizeifahrzeugs gestanden, das ihn begleitet habe. Er habe bereits am Bahnhof zahlreichen ... Fans das Gerät und den Übertragungsbildschirm gezeigt und ihnen diese und den geplanten Einsatz erläutert. Außerdem sei bei jedem Kartenverkauf auf die Stadionordnung hingewiesen worden, die in § 8 über den Einsatz von Videokameras informiere. Zu Aufzeichnungen sei es nur in zwei Fällen gekommen. Diese Aufzeichnungen seien bereits vor Eingang des Auskunftsantrags gelöscht worden.

Zur Glaubhaftmachung ihrer Anwesenheit an den bei dem streitgegenständlichen Drohneneinsatz überwachten Orten hat die Klägerin eine eidesstattliche Versicherung vom ... zu den Akten gereicht.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 20.10.2020 sind die Herren ... und ... als Zeugen vernommen worden. Bezüglich des Inhalts der Aussagen wird auf die jeweilige Anlage zum Sitzungsprotokoll verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die dem Gericht vorgelegten Einsatzunterlagen des Beklagten Bezug genommen.

GRÜNDE

Die Klage ist zulässig (I.) und begründet (II.).

I.

Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch sonst zulässig.

Das streitige Rechtsverhältnis ist konkret bezeichnet. Durch den Einsatz der Drohnen wurde zwischen der Klägerin und dem Land ein konkretes Rechtsverhältnis begründet, dessen Inhalt klärungsfähig und klärungsbedürftig ist, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob die Klägerin durch den Einsatz in ihren Grundrechten verletzt worden ist. Hierfür sieht die Verwaltungsgerichtsordnung die Feststellungsklage (§ 43 VwGO) als statthafte Klageart vor (vgl. zum Einsatz verdeckter Ermittler VGH Baden- Württemberg, Urteil vom 24.11.1994 - 1 S 2909/93 -, juris).

Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass die polizeiliche Maßnahme beendet und damit das Rechtsverhältnis erloschen ist (vgl. auch BVerwG, Urteilvom03.11.1988 - 7 C 115.86-, juris). Die Klägerin hat das erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme. Die rechtlichen Anforderungen an das Vorliegen eines berechtigten Interesses im Sinne des § 43 Abs.1 VwGO haben sich in Fällen der vorliegenden Art, in denen mit der Feststellungsklage die Rechtswidrigkeit einer erledigten polizeilichen Maßnahme, die kein Verwaltungsakt ist, begehrt wird, an der Rechtsprechung zum berechtigten Interesse bei der Fortsetzungsfeststellungsklage im Sinne von § 113 Abs.1 Satz4 VwGO zu orientieren, wobei festzuhalten ist, dass die Anforderungen des § 113 Abs.1 Satz4 VwGO insoweit hinter denen des § 43 Abs.1 VwGO zurückbleiben (vgl. BVerwG, Urteilvom03.11.1988 - 7 C 115.86-, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.11.1994 - 1 S 2909/93 -, juris).

Für die begehrte Feststellung hat die Klägerin aufgrund der Wiederholungsgefahr ein Feststellungsinteresse. Ein Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr ist gegeben, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Betroffene in absehbarer Zeit aufgrund im Wesentlichen gleicher tatsächlicher und rechtlicher Verhältnisse wiederum mit einer entsprechenden Maßnahme gegen sich rechnen muss (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.11.1994 - 1 S 2909/93 -, juris m.w.N.).

Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt somit zum einen die Möglichkeit eines vergleichbaren Verhaltens des Betroffenen voraus, das seiner Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen führt. Zum anderen ist Voraussetzung, dass die Behörde voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird. An einer Wiederholungsgefahr fehlt es daher, wenn die erledigte behördliche Maßnahme auf den konkreten Umständen des Einzelfalles beruht und erkennbar ist, dass die Behörde bei vergleichbaren Sachverhalten nicht generell in dieser Weise vorgeht. Der Betroffene hat die Umstände vorzutragen, aus denen sich das Feststellungsinteresse ergibt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.02.2015 - 1 S 554/13 -, juris m.w.N.).

Hier ist - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte - hinreichend wahrscheinlich damit zu rechnen, dass der Beklagte, der sein Vorgehen weiterhin als in der damaligen Situation geboten und rechtmäßig erachtet, auch in Zukunft Drohnen in vergleichbaren Situationen im Zusammenhang mit Fußballspielen einsetzen wird. Die Klägerin hat glaubhaft vorgetragen, auch zukünftig Auswärtsspiele "ihres" Vereins, ..., besuchen zu wollen. Aufgrund dessen erscheint es hinreichend wahrscheinlich, dass die Klägerin in Zukunft in Baden-Württemberg bei einem Fußballspiel erneut von einem Drohneneinsatz betroffen sein könnte, zumal mehrere Vereine aus Baden-Württemberg ebenso wie ... in der ... spielen.

Das besondere Feststellungsinteresse ergibt sich im Übrigen auch aus dem Umstand, dass es sich vorliegend um eine sich typischerweise kurzfristig erledigende hoheitliche Maßnahme mit Grundrechtsrelevanz handelt. Denn auch die Art des mit der Klage gerügten Eingriffs, insbesondere im grundrechtlich geschützten Bereich, kann verbunden mit dem durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz die Anerkennung eines Feststellungsinteresses erfordern, wenn sich die unmittelbare Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt auf eine Zeitspanne beschränkt, in der die Entscheidung des Gerichts kaum zu erlangen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.10.2017 - 6 C 46.16 -, juris m.w.N.).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Klägerin war von einer staatlichen Überwachungsmaßnahme betroffen, durch die eine Verletzung ihres Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG als möglich erscheint. Die Klägerin hatte aufgrund der kurzen Zeitdauer auch nicht die Möglichkeit, vor Beendigung des - für sie nicht vorhersehbaren - Überflugs mittels Drohnen und der hierbei gefertigten Aufnahmen und Aufzeichnungen um Rechtsschutz dagegen nachzusuchen.

Es fehlt der Klägerin auch nicht an der - auch im Rahmen einer Feststellungsklage erforderlichen - Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO in analoger Anwendung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.07.1990 - 7 B 71.90 -, juris). Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft versichert, dass sie am ... am Bahnhofsvorplatz, auf dem Weg vom Bahnhof zum Stadion und im Bereich des ... Stadions anwesend war und die Drohne auch gesehen hat. Zuvor hatte die Klägerin ihre Anwesenheit in ... an diesem Tag bereits schriftlich an Eides statt versichert. Danach ist nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin von der in der Drohne integrierten Kamera erfasst wurde und hierdurch möglicherweise in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verletzt ist.

II.

Die Klage ist auch begründet. Die im Streit stehenden polizeilichen Maßnahmen - die Drohneneinsätze am Bahnhofsvorplatz, auf der Strecke vom Bahnhof zum ... Stadion sowie im Bereich des ... Stadions - waren rechtswidrig. Den Drohneneinsätzen kam Eingriffsqualität zu, so dass sie einer Ermächtigungsgrundlage bedurften (1.). Als Ermächtigungsgrundlage kommt § 21 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 2 PolG in Betracht (2.). Die Maßnahmen waren zwar formell (3.), nicht jedoch materiell (4.) rechtmäßig, da die Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage für die jeweiligen konkreten Einsätze der Drohnen nicht vorlagen.

1. Die Drohneneinsätze stellten Eingriffe in das Grundrecht auf informelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) dar, so dass sie einer Ermächtigungsgrundlage bedurften.

Das in Art.2 Abs. 1 i.V.m. Art.1 Abs.1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst die - aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende - Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden. Die freie Entfaltung der Persönlichkeit setzt unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung den Schutz des Einzelnen gegen die unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen, also auf ihn bezogenen, individualisierten oder individualisierbaren Daten voraus. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (zum Ganzen BVerfG, Urteil vom 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 -, juris).

Vom Schutzbereich umfasst sind dabei nicht allein personenbezogene Informationen, die die Privat- oder Intimsphäre des Einzelnen betreffen. Unter den Bedingungen der automatischen Datenverarbeitung kann auch das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit, also auch der Aufenthalt und das Verhalten an einem bestimmten öffentlichen Platz zu einer bestimmten Zeit, eine vom Schutzbereich des Grundrechts grundsätzlich erfasste personenbezogene Information sein. Eingegriffen wird in den Schutzbereich des Grundrechts durch jeden Akt staatlicher Datenerhebung (vgl. zum Ganzen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.07.2003 - 1 S 377/02 -, juris Rn. 32 m.w.N.).

Bezüglich der streitgegenständlichen Drohneneinsätze ist zu differenzieren zwischen der Fertigung von Bildaufzeichnungen sowie der Übertragung von Kamerabildern auf einen Monitor (sog. Kamera-Monitor-Prinzip). Beide Maßnahmen stellen einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar.

Dies gilt zunächst hinsichtlich der gefertigten Aufzeichnungen. Die Videoüberwachung in der Form der Bildaufzeichnung von Personen stellt grundsätzlich einen Eingriff in den Schutzbereich des Grundrechts dar (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.07.2003 - 1 S 377/02 -, juris Rn. 32 m.w.N.).

Der Einwand des Beklagten, es habe sich vorliegend um bloße Übersichtsaufzeichnungen gehandelt, so dass auch bei der nachträglichen Auswertung der Aufzeichnungen keine Personen identifizierbar gewesen seien, greift nicht durch. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner einstweiligen Anordnung vom 17.02.2009 (- 1 BvR 2492/08 -, juris) in Bezug auf Übersichtsaufzeichnungen bei Versammlungen entschieden, dass Übersichtsaufzeichnungen nach dem heutigen Stand der Technik für die Aufgezeichneten immer einen Grundrechtseingriff darstellen, da auch in Übersichtsaufzeichnungen die Einzelpersonen in der Regel individualisierbar miterfasst seien. Sie könnten, ohne dass technisch weitere Bearbeitungsschritte erforderlich seien, durch schlichte Fokussierung erkennbar gemacht werden, so dass einzelne Personen identifizierbar seien. Ein prinzipieller Unterschied zwischen Übersichtsaufzeichnungen und personenbezogenen Aufzeichnungen bestehe diesbezüglich, jedenfalls nach dem Stand der heutigen Technik, nicht.

Die Kammer schließt sich dieser Auffassung - gerade auch im Hinblick auf die vorliegende Fallkonstellation - an. Die eingesetzte Technik schloss eine Identifizierbarkeit von Personen auf den gefertigten Aufzeichnungen nicht von vornherein aus (vgl. dazu auch die Ausführungen des Zeugen ..., die nachfolgend bezüglich der Überwachung mittels Kamera-Monitor-Prinzip dargestellt werden). Auch der Beklagte hat die Identifizierbarkeit von Personen grundsätzlich für möglich gehalten, andernfalls wäre die vorgenommene nachträgliche Auswertung der Aufzeichnungen von vornherein sinnlos gewesen. Da die Klägerin sich im überwachten Bereich aufhielt, ist davon auszugehen, dass sie von den Aufzeichnungen identifizierbar miterfasst wurde. Dass auf den gefertigten Aufzeichnungen (ausnahmsweise) tatsächlich keine Personen identifizierbar gewesen sein sollen, wie der Beklagte geltend macht, lässt sich infolge der Löschung der Aufzeichnungen nicht mehr feststellen. Die Kammer geht nach alledem von einer Eingriffsqualität der Aufzeichnungen aus.

Auch das Anfertigen von Aufnahmen durch die in der Polizeidrohne integrierte Kamera und die Übertragung dieser Bilder in Echtzeit auf einen Monitor des Drohnenpiloten bzw. zeitweise parallel auf einen Monitor im Einsatzbus - sog. Kamera-Monitor-Prinzip - stellt einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Urteil vom 21.07.2003 - 1 S 377/02 -, juris) hat zur Videoüberwachung öffentlicher Plätze gestützt auf § 21 Abs. 3 PolG a.F. (eingeführt durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des Polizeigesetzes und des Meldegesetzes vom 19.12.2000 (GBl. S. 752)) entschieden, dass auch der bloßen Beobachtung mittels Bildübertragung - sog. Kamera-Monitor-Prinzip - Eingriffscharakter zukommt, auch wenn die Aufnahmen "flüchtig" sind und nur eine unmittelbare, zeitgleiche Auswertung des Bildmaterials am Monitor zulassen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dieser Entscheidung ausgeführt, zwar könne sich die Videoüberwachung insoweit auf die Übermittlung reiner Übersichtsaufnahmen einer Örtlichkeit auf einen Monitor beschränken, ohne dass eine Identifizierung der sich dort aufhaltenden Personen ermöglicht werde, der Wortlaut der Vorschrift lasse aber auch Videoüberwachungssysteme zu, die über Kameras mit - vom Videobeobachter bedienbarer - Zoom-, Standbild- und Einzelbildschaltungsfunktion sowie Dreh- und Schwenktechnik verfügen und damit gegenüber dem bloßen menschlichen Auge eine weit großflächigere und intensivere Beobachtung ermöglichen. Aufgrund der Leistungsfähigkeit der Kameras sei eine "Rund-um-die-Uhr-Überwachung" auch bei schwierigen Lichtverhältnissen (Dämmerung) sowie die Lieferung identifizierbarer Personenaufnahmen auch über große Entfernungen möglich. Es könne ohne weiteres von der Übersichtsaufnahme in die Nahaufnahme übergegangen werden. Es sei daher nicht nur die Identifizierung einzelner Personen, sondern auch die Lieferung detaillierter Momentaufnahmen bestimmter individueller Verhaltensweisen und Gesichtsausdrücke möglich. Vor diesem Hintergrund sei die Videoüberwachung mit Bildübertragung ohne weiteres zur Erhebung personenbezogener Informationen geeignet und deshalb wegen der faktisch einer Beeinträchtigung des grundrechtlichen Schutzgegenstandes gleichkommenden Grundrechtsgefährdung als Eingriff zu werten. Möge auch die kurzfristige Beobachtung eines öffentlichen Platzes durch einen Polizeibeamten durchaus unterhalb der Schwelle des Grundrechtseingriffs liegen, werde diese Schwelle jedenfalls durch die aufgezeigte Form der permanenten und mit besonderen technischen Möglichkeiten ausgestatteten Bildübertragung in quantitativer und qualitativer Weise überschritten (vgl. zum Ganzen VGH, Urteil vom 21.07.2003 - 1 S 377/02 -, juris Rn. 35 m.w.N.).

Nichts anders gilt nach Ansicht der Kammer auch vorliegend für den Einsatz der Drohnen mit integrierter Kamera zum Zwecke der Beobachtung mittels Bildübertragung. Die Beobachtung mittels Videokameras stellt aufgrund der technischen Möglichkeiten einen weitaus intensiveren Eingriff dar als die Beobachtung durch das menschliche Auge. Erst recht gilt dies für auf einer Drohne angebrachte Kameras. Anders als eine fest installierte Kamera ist eine Drohne frei beweglich und verfügt daher über einen unbegrenzten Beobachtungsradius. Die Drohne erweitert das Beobachtungssichtfeld um die Vogelperspektive, was eine erhebliche Erweiterung des Sichtfelds zu am Boden befindlichen Kameras darstellt. Da eine Drohne bis auf nächste Distanz an ein Beobachtungsobjekt heranfliegen kann, kommt es nicht maßgeblich auf die Zoomfunktion und die Auflösung an, da etwaige Hindernisse durch die entsprechende Steuerung der Drohne umgangen werden können. Eine Drohne kann, anders als eine fest installierte Kamera, einem Beobachtungsobjekt folgen, sodass eine durchgängige Beobachtung möglich ist. Sie ist - anders als ein Polizeihubschrauber, der ebenfalls Übersichtsbilder aus der Vogelperspektive liefern kann - visuell, aber auch akustisch schwerer erkennbar. Aufgrund ihrer Größe kann eine Drohne, anders als ein Polizeihubschrauber, auch leicht aus den Augen verloren werden, sodass Personen nicht zweifelsfrei erkennen können, ob sie weiterhin unter Beobachtung stehen, wenn sie einen bestimmten Bereich verlassen.

Dadurch, dass die Drohne frei steuerbar und aufgrund ihrer Größe frei einsetzbar ist, hat es der Einzelne, anders als bei am Boden mittels Kamera überwachten Bereichen, nicht selbst in der Hand, sich der Beobachtung durch Verlassen des Beobachtungsbereichs zu entziehen. Anders als ein Polizeihubschrauber kann eine Drohne aufgrund ihrer Größe auch deutlich tiefer fliegen und ermöglicht den Beamten auch die Aufnahmen von unübersehbaren Bereiche, in die ein Hubschrauber aufgrund baulicher Gegebenheiten nicht vordringen könnte. Ferner führt die Beobachtung aus der Luft auch zu einer großen Streubreite. Von der Drohne werden unterschiedslos alle Personen erfasst, die in den Beobachtungsradius der Drohne gelangen. Verdachtslose Eingriffe mit großer Streubreite, bei denen zahlreiche Personen in den Wirkungsbereich einer Maßnahme einbezogen werden, die in keiner Beziehung zu einem konkreten Fehlverhalten stehen und den Eingriff durch ihr Verhalten nicht veranlasst haben, weisen grundsätzlich eine hohe Eingriffsintensität auf (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.02.2007 - 1 BvR 2368/06 -, juris Rn. 51 m.w.N.).

Auch wenn hier die Datenerhebung mittels des Kamera-Monitor-Prinzips nach Angaben des Zeugen ... in der mündlichen Verhandlung und nach dem schriftsätzlichen Vortrag des Beklagten maßgeblich darauf abzielte, die gegnerischen Fans aus der Vogelperspektive zu beobachten, um ein mögliches Aufeinandertreffen frühzeitig erkennen und zeitnah darauf reagieren zu können, war eine Individualisierung einzelner Personen möglich, weshalb nach den oben dargestellten Grundsätzen auch bei dem Einsatz der Drohnen zur Anfertigung von Übersichtsbildern von einem Eingriff auszugehen ist.

Nach Angaben des Zeugen ... in der mündlichen Verhandlung überträgt die in der Drohne fest installierte Kamera die Bilder ab dem Start der Drohne bis zu deren Landung auf den Monitor des Drohnenpiloten. Er kenne keine Drohne, bei der man diese Funktion abstellen könne. Gerade bei den Aufnahmen im Zusammenhang mit dem Start und der Landung der Drohne, die aus geringer Höhe erfolgen, ist die Identifizierbarkeit einzelner Personen ohne weiteres möglich. In der Start- und Landephase sind aufgrund der geringen Flughöhe auch Gesichtszüge einzelner Personen erkennbar. Von der Qualität der Bilder und der damit verbundenen Identifizierbarkeit einzelner Personen hat sich das Gericht in der mündlichen Verhandlung, in der der Zeuge ... die Drohne vorführte, selbst überzeugt. Sogar bei der am Einsatztag in ... erreichten Flughöhe von 80-100 m können den nachvollziehbaren Angaben des Zeugen ... zufolge einzelne Personen in auffälliger Kleidung (z.B. leuchtend grüner Jacke) identifiziert werden. Der Annahme eines Eingriffs steht nicht entgegen, dass Gesichtszüge von Personen aus einer Flughöhe von 80-100 m nicht mehr erkannt werden können. Die Identifizierbarkeit einer Person hängt nicht zwingend von der Erkennbarkeit ihrer Gesichtszüge oder sonstiger besonderer Merkmale ab. Ausreichend kann auch schon die Erkennbarkeit einer charakteristischen Kleidung, eines charakteristischen Gangs oder eines größeren, aber eindeutig einer bestimmten Person zuzuordnenden Gegenstands sein (vgl. Nusser, in BeckOK Polizeirecht Baden-Württemberg, Möstl/Trurnit, 19. Edition, Stand: 01.07.2020, § 21 Rn. 10). Gerade die Erkennbarkeit aufgrund charakteristischer Kleidung (z.B. einer hellgrünen Jacke) ist durch die Aufnahmen der in der Drohne integrierten Kamera selbst aus großer Höhe möglich. Hiervon hat sich die Kammer bei der Vorführung der Drohne in der mündlichen Verhandlung überzeugen können. Im Übrigen kann nach Angaben des Zeugen ... jederzeit von reinen Übersichtsaufnahmen in Übersichtsaufzeichnungen übergegangen werden. Der Drohnenpilot kann dies von seiner Fernbedienung mittels Knopfdruck steuern. Die Aufnahmen werden dann auf einer SD-Karte gespeichert.

Nach alledem kommt nach Auffassung der Kammer sowohl den bei dem Drohneneinsatz erfolgten Bildübertragungen nach dem Kamera-Monitor-Prinzip als auch den Bildaufzeichnungen Eingriffsqualität zu. Deshalb bedurften diese Maßnahmen nach der Lehre vom Gesetzesvorbehalt einer Ermächtigungsgrundlage (den Eingriffscharakter bei einer polizeilichen Beobachtung mittels einer Drohe ebenfalls bejahend: Martini, Neue Freunde und Helfer?, DÖV 2019, 732-743; Hertwig/Kuvvet, Technik vs. Recht: Verfassungs- und polizeirechtliche Probleme des Einsatzes von Aufklärungsdrohnen in Deutschland - am Beispiel des Castor-Transportes nach Gorleben im November 2010, Humanitäres Völkerrecht - Informationsschriften, 120-127; Zöller/Ihwas, Rechtliche Rahmenbedingungen des polizeilichen Flugdrohneneinsatzes, NVwZ 2014, 408-414).

2. Als Ermächtigungsgrundlage für den Drohneneinsatz am ... in ... kommt (nur) § 21 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 2 PolG in Betracht. Nach Satz 1 dieser Bestimmung kann der Polizeivollzugsdienst bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen, die ein besonderes Gefährdungsrisiko aufweisen, Bild- und Tonaufzeichnungen von Personen zur Erkennung und Abwehr von Gefahren anfertigen. Nach Satz 2 Nr. 2 weisen Veranstaltungen und Ansammlungen ein besonderes Gefährdungsrisiko auf, wenn auf Grund der Art und Größe der Veranstaltungen und Ansammlungen erfahrungsgemäß erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit entstehen können.

Nach dem Wortlaut der Norm, der Bild- und Tonaufzeichnungen zulässt, und nach dem Wortlaut der einleitenden Überschrift (technische Mittel zur Bild- und Tonaufzeichnung) sind auch Aufzeichnungen mittels Drohnen mit integrierter Kamera erfasst. Der weit gefasste Wortlaut ermöglicht den Einsatz aller technischen Mittel, die sich zur Bild- und Tonaufzeichnung eigenen, unabhängig davon, ob sie an einer Stelle fest montiert oder frei beweglich sind. Welche Arten von Kamera die Polizei für die Bild- und Tonaufnahmen einsetzten darf, regelt die Norm nicht (vgl. Martini, Neue Freunde und Helfer?, DÖV 2019, 732-743 (736)). Erst recht erfasst die Vorschrift auch Bildübertragungen ohne Aufzeichnung.

3. Der Drohneneinsatz am ... in ... begegnet in formeller Hinsicht keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere war das Polizeipräsidium ... als Polizeidienststelle des Polizeivollzugdienstes des Beklagten für den Einsatz örtlich und sachlich zuständig (§ 21 Abs. 1 Satz 1, § 70 Abs. 1 Nr. 1, § 75 PolG).

Soweit die Klägerin einwendet, am Bahnhof sei die Bundespolizei zuständig gewesen, greift dieser Einwand nicht durch. Die Bundespolizei hat gemäß § 3 Abs. 1 Bundespolizeigesetz (BPolG) die Aufgabe, auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, die 1. den Benutzern, den Anlagen oder dem Betrieb der Bahn drohen oder 2. beim Betrieb der Bahn entstehen oder von den Bahnanlagen ausgehen. Der streitgegenständliche Drohneneinsatz fand auf dem Bahnhofsvorplatz statt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 28. Mai 2014 - 6 C 4/13 -, juris), der sich die Kammer anschließt, sind nur solche Flächen im Vorfeld eines Bahnhofs als Bahnanlagen einzustufen, bei denen objektive, äußerlich klar erkennbare, d.h. räumlich präzise fixierbare Anhaltspunkte ihre überwiegende Zuordnung zum Bahnverkehr im Unterschied zum Allgemeinverkehr belegen. Ein Bahnhofsvorplatz beginnt, wo das Bahnhofsgebäude endet. Er ist genauso der Platz vor dem Bahnhof wie er eine sonstige Verkehrsfläche in der jeweiligen Gemeinde ist. Dementsprechend ist er nicht nur "eisenbahnbetriebsbezogen", sondern bezieht sich auch auf den sonstigen Verkehr auf dem Gemeindegebiet. Für die öffentliche Sicherheit und Ordnung auf einer solchen Fläche ist, sofern nicht in der vorbezeichnet erwähnten Weise Anhaltspunkte die überwiegende Zuordnung zum Bahnverkehr belegen, nicht eine Sonderpolizei des Bundes zuständig, sondern die nach Landesrecht zu bestimmende Gefahrenabwehrbehörde (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 28.05.2014 - 6 C 4.13 -, juris Rn. 13 ff.). So liegt der Fall hier. Anhaltspunkte für eine überwiegende Zuordnung des Bahnhofsvorplatzes zum Bahnverkehr liegen nicht vor, so dass die Polizeibehörden des beklagten Landes zuständig waren.

Im Übrigen bleibt gemäß § 1 Abs. 7 BPolG die Zuständigkeit der Polizei des Landes auch in den in § 1 Abs. 3 sowie in den §§ 2 bis 5 BPolG bezeichneten räumlichen Zuständigkeitsbereichen der Bundespolizei unberührt. Da es vorliegend nicht um die Abwehr "eisenbahnspezifischer" Gefahren geht, wäre daher selbst dann die Zuständigkeit der Polizei des Landes gegeben, wenn sie im räumlichen Bereich von Bahnanlagen tätig geworden wäre (vgl. Graulich in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2. Auflage 2019, § 1 BPolG Rn. 23 f., beck-online).

Sonstige Zweifel an der formellen Rechtmäßigkeit bestehen nicht.

4. Der Drohneneinsatz war materiell rechtswidrig.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der Gesetzgeber mit der Bestimmung der Eingriffsvoraussetzungen für Bild- und Tonaufzeichnungen in § 21 PolG auch hinsichtlich des Einsatzes von Drohnen dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung hinreichend Rechnung trägt, oder ob es hierfür einer spezielleren Regelung bedürfte, die den Einsatz von Drohnen ausdrücklich regelt. Die Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage nach § 21 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 2 PolG lagen im konkreten Fall jedenfalls nicht vor.

Der Drohneneisatz erfolgte bei und im Zusammenhang mit dem ...spiel am ... in ... zwischen ... und dem ... und damit bei oder im Zusammenhang mit einer öffentlichen Veranstaltung. Öffentliche Veranstaltungen sind zweckgerichtete Zusammenkünfte einer größeren Anzahl von Personen, die grundsätzlich jedermann - eventuell erst nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen - offenstehen, aber keinen auf Meinungsäußerung oder -bildung gerichteten Inhalt haben, z.B. Sportveranstaltungen, Konzerte, sonstige kulturelle Veranstaltungen (vgl. Nusser, in BeckOK Polizeirecht Baden-Württemberg, Möstl/Trurnit, 20. Edition, Stand: 01.10.2020, § 21 Rn. 32).

Nach diesen Maßstäben ist das Fußballspiel eine öffentliche Veranstaltung. Die Öffentlichkeit der Veranstaltung entfällt nicht dadurch, dass der Eintritt ins Stadion den Besitz einer Eintrittskarte voraussetzt. Denn der Zutritt ist nach Vorlage einer Eintrittskarte grundsätzlich jedermann möglich.

Die Bildaufzeichnung erfolgt auch bei oder im Zusammenhang mit einer öffentlichen Veranstaltung. Der erforderliche Zusammenhang zwischen der öffentlichen Veranstaltung oder Ansammlung und den überwachten Vorgängen ist gegeben. Sowohl die erwartete Ankunft der gegnerischen Fans am Bahnhof anlässlich des Spiels am selben Tag wie auch der Fußmarsch der Fans zum Stadion stellen einen im Zusammenhang mit der Veranstaltung stehenden einheitlichen Lebenssachverhalt dar. Gleiches gilt auch für die Aufnahmen nach Ende des Spiels, die in der Abreisephase für die Beamten einen Überblick liefern sollten.

Auch spricht vieles dafür, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Einsätze der Drohne das nach § 21 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 2 PolG erforderliche Gefährdungsrisiko vorlag. Nach Nummer 2 der Vorschrift liegt das besondere Gefährdungsrisiko vor, wenn auf Grund der Art und Größe der Veranstaltung oder Ansammlung erfahrungsgemäß erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit entstehen können. Diese Voraussetzung ist insbesondere erfüllt, wenn Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder Straftaten begangen werden. Es müssen konkrete Erfahrungswerte - also nachprüfbare Tatsachen - vorliegen, die für das objektive Gefährdungsrisiko der konkret zu überwachenden Veranstaltung oder Ansammlung sprechen. Grundlage für die Schlussfolgerung, dass auch bei der zu überwachenden Veranstaltung oder Ansammlung erhebliche Gefahren für die öffentliche Sicherheit entstehen können, können Erfahrungstatsachen über Veranstaltungen und Ansammlungen vergleichbarer Größe und Art (Anlass, Kreis der Teilnehmer oder Zuschauer etc.) sein (vgl. LT-Drs. 14/3165, S. 41).

Im Zusammenhang mit Fußballspielen hat sich in der Vergangenheit mehrfach gezeigt, dass es zwischen gegnerischen Fans zu erheblichen Ausschreitungen kommen kann, sodass diese Veranstaltungen im Einzelfall erhebliche Gefahren bergen können. Nach Ansicht des Gerichts spricht vorliegend bereits die Art und Größe der Veranstaltung für ein besonderes Gefährdungsrisiko. Das Stadion war mit ... erwarteten Fans ausverkauft. Zu berücksichtigen ist hierbei insbesondere, dass in ... - der ... spielt damals wie heute in der ... - ein Sportereignis dieser Größenordnung nicht regelmäßig ausgerichtet wird und diese Situation daher für das zuständige Polizeipräsidium keinen Routineeinsatz darstellte, wie dies in anderen Städten der Fall sein mag, in denen Fußballspiele dieser Größenordnung nahezu wöchentlich stattfinden.

Eine zusätzliche Brisanz der Lage ergab sich daraus, dass die ... Fans um 12:00 Uhr zu einem Fantreffen auf dem ... aufgerufen haben, zeitgleich ein Fest und der Wochenmarkt in der ... Innenstadt stattfand und die ... Fans früher als erwartet anreisten, sodass ein Aufeinandertreffen der Fangruppen auf dem ... möglich erschien. In Anbetracht all dieser Umstände dürfte die Annahme eines besonderen Gefährdungsrisikos nicht zu beanstanden sein.

Ob das besondere Gefährdungsrisiko im Zeitpunkt der jeweiligen Einsätze der Drohnen vorgelegen hat, bedarf jedoch keiner abschließenden Aufklärung und Entscheidung, da der Einsatz insgesamt rechtswidrig war, weil die Bildübertragungen und -aufzeichnungen nicht offenkundig waren und den Anforderungen an die Hinweispflicht gemäß § 21 Abs. 8 Satz 1 PolG nicht genügt wurde.

Gemäß § 21 Abs. 8 Satz 1 PolG ist auf die Beobachtung mittels Bildübertragung und die Bild- und Tonaufzeichnung sowie die automatisierte Auswertung, sofern diese nicht offenkundig ist, in geeigneter Weise hinzuweisen.

Der Wortlaut des § 21 Abs. 8 Satz 1 PolG entspricht - mit Ausnahme der automatisierten Auswertung, die erst mit der Änderung 2017 aufgenommen wurde - dem Wortlaut von § 21 Abs. 5 Satz 1 PolG a.F. Hierzu heißt es in der Gesetzesbegründung, dass Satz 1 ausdrücklich die Verpflichtung regele, auf die Tatsache der Videoüberwachung aufmerksam zu machen. Der Pflicht solle durch entsprechende Hinweistafeln oder in sonstiger geeigneter Weise nachgekommen werden. Ein Hinweis in den örtlichen Medien genüge regelmäßig nicht, da Ortsfremde auf diese Weise nicht sicher informiert werden könnten. Die Einschränkung "soweit dies nicht offenkundig ist" ziele auf Fälle ab, in denen eine Videokamera mobil und offen sichtbar eingesetzt werde. In solchen Fällen sei das vorherige Anbringen von Hinweisschildern oder ähnliche Maßnahmen häufig nicht möglich. Die Offenkundigkeit sei in solchen Fällen gegeben, in denen die Videokamera von uniformierten Polizeibediensteten eingesetzt werde. Bei stationär installierten Videokameras erübrige sich die Hinweispflicht nicht deshalb, weil diese sichtbar angebracht seien (LT-Drs. 14/3165, S. 43).

Bereits der Wortlaut "offenkundig" spricht dafür, dass nur solche Fälle von der Hinweispflicht ausgeschlossen sein sollen, in denen der Einsatz von technischen Mitteln der betroffenen Person buchstäblich direkt "ins Auge fällt". Dies ist jedoch nur in solchen Fällen möglich, in denen eine Verbindung zwischen der Kamera und einem Beamten auf den ersten Blick ohne Zweifel sofort erkennbar ist. Ein solcher Fall liegt beispielsweise bei einem uniformierten Polizeibeamten vor, der eine Kamera (auch Stabkamera) in der Hand hält. In diesem Fall wird der Betroffene direkt von der Kamera erfasst, kann dies aber auch sofort selbst erkennen.

§ 21 PolG normiert den offenen Einsatz technischer Mittel, wohingegen § 22 PolG den verdeckten Einsatz technischer Mittel regelt und aufgrund der höheren Eingriffsintensität erheblich höhere Anforderungen an die Rechtmäßigkeit des Eingriffs stellt. Aus diesem Grund sind an die Annahme der Offenkundigkeit - als Ausnahme von der grundsätzlich erforderlichen Hinweispflicht und als Abgrenzungskriterium zum verdeckten Einsatz - hohe Anforderungen zu stellen. Daher ist ein Hinweis immer dann erforderlich, wenn der Einsatz technischer Mittel dem Betroffenen gerade nicht sofort ins Auge fällt.

Nach diesen Grundsätzen liegt weder am Bahnhofsvorplatz noch auf der Strecke noch im Bereich des Stadions ein Fall des offenkundigen Einsatzes der Polizeidrohnen vor.

Die eingesetzten Drohnen waren nicht als Drohnen der Polizei (durch entsprechende Aufschrift oder visuell - beispielsweise durch polizeitypische Farben - oder akustisch wahrnehmbare Effekte) gekennzeichnet. Der Zeuge ... gab insoweit an, dass die Drohne, die in der mündlichen Verhandlung vorgeführt wurde, den bei dem streitgegenständlichen Einsatz verwendeten Drohnen optisch entspreche. Die vorgeführte Drohne in der mündlichen Verhandlung war weiß, unbeschriftet und ließ keinen Bezug zur Polizei erkennen. Soweit der Beklagte vorträgt, dass die Klägerin den Einsatz der Drohne nach eigenen Angaben selbst wahrgenommen habe und daher ein offener Einsatz technischer Mittel vorliege, kann dieser Einwand nicht überzeugen, denn allein die Wahrnehmung des technischen Mittels - die regelmäßig vom reinen Zufall abhängt - genügt den Anforderungen nicht. Selbst wenn die Drohnen wahrgenommen wurden, waren diese nicht von privaten Drohnen zu unterscheiden, und es war nicht ohne weiteres erkennbar, dass es sich um von der Polizei eingesetzte Drohnen handelte.

Soweit der Beklagte vorträgt, dass der deutlich sichtbar positionierte uniformierte Drohnenpilot als solcher erkennbar gewesen sei und jeweils in unmittelbarer Nähe zu einem deutlich sichtbaren und gekennzeichneten Polizeifahrzeug, das ihn begleitet habe, gestanden habe, wodurch der polizeiliche Einsatz technischer Mittel offenkundig gewesen sei, überzeugt dies nicht. Der Einsatz war auch nicht deshalb offenkundig, weil der Drohnenpilot nach seinen Angaben am Bahnhof und auf der Strecke zum Stadion von einigen Fans angesprochen wurde und er den Fans das Gerät und den Übertragungsbildschirm gezeigt und den geplanten Einsatz erläutert habe.

Eine Verbindung zwischen der Kamera und dem Polizeibeamten war in keinem dieser Fälle auf den ersten Blick erkennbar, sondern - wenn überhaupt - nur mit genauer Beobachtung. Weder der Drohnenpilot noch das dazugehörige Fahrzeug waren speziell gekennzeichnet. Nach Angaben des Zeugen ... war er als Drohnenpilot am Einsatztag optisch nicht von den übrigen Beamten in herkömmlicher Dienstuniform unterscheidbar. Seine Uniform trug keine Aufschrift, die ihn als Drohnenpiloten direkt erkennbar gemacht hätte. Gleiches gilt für das Einsatzfahrzeug des Drohnenpiloten. Auch dieses war am Einsatztag nicht mit einem Hinweis auf den Drohneneinsatz versehen. Diesbezüglich wird auf die von der Beklagtenseite vorgelegten Lichtbilder verwiesen.

Aus einem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Foto vom Einsatztag ist ersichtlich, dass es ein hohes Polizeiaufgebot gab, und die Situation am Bahnhof sehr unübersichtlich war. Daher kann auch aufgrund der Positionierung des Drohnenpiloten am Bahnhof nicht auf die Offenkundigkeit des Einsatzes geschlossen werden. Selbst wenn einzelne Fans den Drohnenpiloten wahrgenommen haben, bestand die Möglichkeit der Wahrnehmung für den überwiegenden Anteil der am Bahnhof ankommenden Fans nicht, zumal nach Angaben des Beklagten die Örtlichkeit am Bahnhof aufgrund der dortigen Baustelle schwer überschaubar gewesen sei. Es war somit nicht offenkundig, dass es sich bei diesem Beamten um einen Drohnenpiloten handelte, und es war auch nicht offenkundig, dass er mit der in der Hand befindlichen Steuerung in diesem Moment eine fliegende Drohne steuerte. Der Drohnenpilot fiel einem Beobachter keinesfalls sofort als solcher ins Auge, was ein offenkundiger Einsatz jedoch verlangt. Entsprechendes gilt auch für die Positionierung des Beamten auf der Strecke am ....

Erweist sich somit bereits der Einsatz technischer Mittel zur Bild- und Tonaufzeichnung am Bahnhofsvorplatz und auf der Strecke zum ... Stadion als nicht offenkundig, muss dies erst recht für den Einsatz der Drohne im Bereich des Stadions gelten. Denn hier befanden sich der Drohnenpilot und auch das Fahrzeug nach Angaben des Zeugen ... nicht innerhalb des Zuschauerbereichs des Stadions, sondern auf der - vom Zuschauerbereich nicht einsehbaren - Tartanbahn, die das Stadion umgibt. Ein Zusammenhang mit der über dem Stadion fliegenden Drohne war für die Zuschauer kaum feststellbar.

Der nach § 21 Abs. 8 Satz 1 PolG bestehenden Hinweispflicht wurde nicht entsprochen.

Die Hinweispflicht wird z.B. durch gut sicht- und lesbar angebrachte Hinweisschilder gewahrt, die unzweideutig über die polizeiliche Videoüberwachung informieren. Die Wahrnehmbarkeit der Kamera selbst reicht hingegen im Regelfall nicht aus (vgl. Nusser, in BeckOK Polizeirecht Baden-Württemberg, Möstl/Trurnit, 20. Edition, Stand: 01.10.2020, § 21 Rn. 53).

Am Bahnhofsvorplatz, auf der Strecke vom Bahnhof zum ... Stadion sowie im Stadionbereich gab es keinen Hinweis auf einen Drohneneinsatz der Polizei, beispielsweise durch Hinweisschilder, Lautsprecherdurchsagen oder ähnliches.

Im Stadionbereich kann entgegen der Auffassung des Beklagten auch § 8 Abs. 1 der Stadionordnung nicht als geeigneter Hinweis auf den Einsatz von Drohnen angesehen werden. Diese Norm regelt, dass das ... Stadion bei Veranstaltungen mit Videokameras überwacht wird. Die Stadionordnung stellt die Benutzungssatzung für das Stadion als öffentliche Einrichtung der ... dar. Auch wenn an einem Spieltag die Kameras nach Angaben des Zeugen ... regelmäßig der Polizei zur Verfügung stehen, bestehen erhebliche Zweifel daran, dass mittels einer Benutzungssatzung einer öffentlichen Einrichtung auf technische Mittel der Polizei hingewiesen werden kann.

Jedenfalls weist § 8 Abs. 1 der Stadionordnung lediglich auf den Einsatz des im Stadion installierten Videokamerasystems, nicht jedoch auf den Einsatz von Drohnen hin. Allein durch den Hinweis auf die Überwachung mit Videokameras muss der Besucher des Stadions nicht ohne weiteres damit rechnen, auch von einer polizeilichen Drohne beobachtet zu werden. Diese gehört gerade nicht zum Kamerasystem des Stadions, sondern wird in Ergänzung hierzu eingesetzt, um gerade dann Abhilfe zu schaffen, wenn das fest installierte System an seine Grenzen gelangt. Darüber hinaus unterscheidet sich der Einsatz einer Drohne im Stadion aufgrund ihrer Größe und der damit verbundenen Beweglichkeit qualitativ in erheblicher Weise von dem Einsatz der fest installierten Kameras. Fest installierte Kameras sind in ihrer Funktion begrenzt. Sie können nur einen bestimmten Bildausschnitt aufnehmen, während eine Drohne auch in Bereiche vordringen und insbesondere an Personen heranfliegen kann, was fest installierten Kameras nicht möglich ist. Die Drohne ist frei beweglich und kann - wie im vorliegenden Fall - auch von einem Gelände außerhalb des Stadioninnenraums in das Stadion hineingesteuert werden.

Die Drohne ist - anders als die fest installierten Kameras im Stadion - nicht dem Videokamerasystem des Stadions zuzuordnen. Auch wenn es mittlerweile üblich ist, dass Fußballstadien videoüberwacht werden und Besucher hierüber in Kenntnis sind, so kann daraus nicht geschlossen werden, dass die Betroffenen auch mit dem Einsatz einer Drohne in Ergänzung zur fest installierten Videoüberwachung rechnen.

Soweit der Beklagte vorträgt, dass sich ein geeigneter Hinweis daraus ergebe, dass bei jedem Kartenverkauf auf die Geltung der Stadionordnung hingewiesen worden sei, trifft diese Einschätzung nicht zu. Wie bereits ausgeführt, wäre ein solcher Hinweis auf die Stadionordnung - sollte er erfolgt sein - bereits nicht ausreichend. Es kann jedoch auch nicht festgestellt werden, dass ein solcher Hinweis tatsächlich erfolgt ist. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung eine Eintrittskarte von besagtem Spiel am ... in ... im Original vorgelegt, auf die zur Gerichtsakte genommene Fotokopie wird verwiesen. Auf der Eintrittskarte befindet sich kein Hinweis auf die Stadionordnung und somit auch nicht auf deren § 8 Abs. 1. Da nach dem Vortrag des Beklagten auch kein Aushang der Stadionordnung im Stadion erfolgte, wurde nicht hinreichend auf § 8 Abs. 1 der Stadionordnung hingewiesen. Dass die Stadionordnung im Internet abrufbar ist, genügt den Anforderungen an die Hinweispflicht nicht, zumal eine große Anzahl der Eintrittskarten - auch die der Klägerin - nicht über das Internet verkauft wurde.

Dass es am Einsatztag im Stadion andere Hinweise auf den Drohneneinsatz gab, wie z.B. Lautsprecherdurchsagen oder Hinweise auf der Anzeigetafel, wurde vom Beklagten nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Die am 20.10.2020 von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am Stadionzaun aufgenommenen Bilder eines Hinweisschildes mit der Aufschrift "Dieser Bereich wird mit Kameras überwacht" und der Abbildung einer Drohne zeigen, dass nunmehr - möglicherweise in Reaktion auf das vorliegende Verfahren - auf den Einsatz von Drohnen hingewiesen wird. Ein solches Schild gab es aber am ... noch nicht. Nach Aussage des Zeugen ... müsse es sich um ein neueres Schild handeln. Wie lange das Schild dort schon hänge, könne er nicht sagen. Am Einsatztag habe es im Stadion keine Hinweise auf Drohnen gegeben. Es habe einen Hinweis bei einem späteren Spiel gegeben. Das sei aber nicht am ... gewesen.

Da somit der Einsatz der Kameradrohnen weder offenkundig war noch hierauf in geeigneter Weise hingewiesen wurde, lagen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 Abs. 8 Satz 1 PolG nicht vor, so dass der Einsatz der Drohnen aus diesem Grund insgesamt rechtswidrig war. Ob der Drohneneinsatz auch aus sonstigen Gründen rechtswidrig war, kann daher offenbleiben.

5. Eine andere Ermächtigungsgrundlage ist nicht ersichtlich. Insbesondere liegen die wesentlich strengeren Anforderungen des § 22 PolG für den verdeckten Einsatz technischer Mittel unstreitig nicht vor.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer macht von der Möglichkeit des § 167 Abs. 2 VwGO, das Urteil wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären, keinen Gebrauch. Die Berufung wird nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, da die Frage der Rechtmäßigkeit des polizeilichen Einsatzes von Kameradrohnen auf der Grundlage von § 21 PolG grundsätzliche Bedeutung hat.