Titel

LG Aurich, Beschluss vom 21.07.2005, Az. 1 T 451/04
Gerichtliche Kostenentscheidung ist isoliert angreifbar

 


Zitiervorschlag: LG Aurich, Beschluss vom 21.07.2005, Az. 1 T 451/04, zitiert nach POR-RAV


Gericht:

Aktenzeichen:

Datum:


Teaser

Erfolgreiches Rechtsmittel gegen Kostenentscheidung bei rechtswidriger Freiheitsentziehung (Abschiebehaft)

Leitsatz

1. Die sofortige Beschwerde ist als außergerichtlicher Rechtsbehelf gegen eine ermessensfehlerhafte Kostenentscheidung zulässig. 2. Maßgebend ist darauf abzustellen, inwieweit die antragstellende Behörde zum Erlass einer rechtswidrigen Freiheitsentziehung beigetragen hat. Ihr nachträgliches Verhalten hat auf die Kostenentscheidung keinen Einfluss.

Volltext

TENOR:

Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wittmund vom 30.08.2004 - 65 XIV 23/04 - wird die Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses wie folgt geändert:

Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen werden der antragstellenden Behörde auferlegt. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

GRÜNDE:

Durch den angefochtenen Beschluss, auf dessen Gründe verwiesen wird, hat das Amtsgericht festgestellt, dass die Freiheitsentziehung des Betroffenen am 4.12.2003 von seiner Festnahme bis zum Erlass des Abschiebehaftbeschlusses des Amtsgerichts Wittmund vom 4.12.2003 (65 XIV 797) rechtswidrig war. Das Amtsgericht hat davon abgesehen, der antragstellenden Behörde die Auslagen des Betroffenen aufzuerlegen. Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde.

Die vorliegende isolierte Anfechtung der Entscheidung über den Kostenpunkt ist grundsätzlich nach § 29 Abs. 4, 20 a Abs.1 S. 1 FGG auch dann unzulässig, wenn der Anfechtende allein durch die Kostenentscheidung beschwert ist (vergl. BGHZ 131, 185 f mit weiteren Nachweisen). Danach ist auch eine Anfechtungsmöglichkeit über die analoge Anwendung der §§ 20 a Abs. 1 S. 2, 13 a Abs. 2 FGG ausgeschlossen.

Die sofortige Beschwerde ist indes ausnahmsweise als außergesetzlicher Rechtsbehelf entsprechend der Rechtsprechung des BGH (vergl. BGHZ 131, 185 - 189) zulässig und begründet.

Das Amtsgericht hat in seinem Beschluss ausgeführt, die Freiheitsentziehung am 4.12.2003 sei rechtswidrig gewesen. Zur Begründung des Absehens von einer Auslagenerstattung hat das Amtsgericht ausgeführt, die antragstellende Behörde sei der sofortigen Beschwerde des Betroffenen nicht entgegengetreten. Indes vermag nach Ansicht der Kammer ein solches nachträgliches Verhalten der Behörde keinen Einfluss auf die Frage der Auslagenerstattung zu nehmen. Maßgeblich ist die Feststellung, inwieweit das Verhalten der antragstellenden Behörde zum Erlass der aufgehobenen Entscheidung .bzw. zur als rechtswidrig erklärten Maßnahme geführt hat. Die antragstellende Behörde mag im Beschwerdeverfahren vor dem Hintergrund der neueren Rechtssprechung des OLG Oldenburg selbst erkannt haben, dass die Ingewahrsamnahme, wie sodann vom Amtsgericht festgestellt, rechtswidrig war. Es spricht aber eher für eire Auslagenerstattung, wenn die antragstellende Behörde die angefochtene Maßnahme nicht verteidigt. Da somit die Kammer keine Ermessensausübung seitens des Amtsgerichts zu erkennen vermag, ist diese im Rahmen des außerordentlichen Rechtsmittel durch die Kammer auszuüben. Trotz des Umstandes, dass der antragstellenden Behörde bei Vornahme der Festnahme die neue Rechtsprechung des OLG Oldenburg möglicherweise nicht bekannt war, hat sie die Auslagen des Betroffenen zu tragen. Diese Änderung einer Rechtsansicht im Sinne des Betroffenen kann diesem hinsichtlich seiner Auslagen nicht zum Nachteil entgegengehalten werden.

Dafür, der antragstellenden Behörde auch die notwendigen Auslagen im Verfahren der sofortigen Beschwerde aufzuerlegen, bestand kein Anlass. Erst hier kommt nach Auffassung der Kammer im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 13 a FGG zum Tragen, dass die antragstellende Behörde die Entscheidung des Amtsgerichts in keiner Weise veranlasst hat.